Rezension: 5 Grundsteine für die Familie von Jesper Juul

"Kinder brauchen Eltern, die bereit sind, 
mit ihren Kindern zu wachsen."

Es gibt viele Erziehungsratgeber auf dem Buchmarkt, aber kein einziger Ratgeber, den ich gelesen habe konnte mich berühren und in meinem ganz persönlichen Erziehungsalltag abholen. Das schaffen nur Bücher von Jesper Juul, die ich aber nicht wirklich als Erziehungsratgeber bezeichnen möchte.



Ein Zitat von Jesper Juul über Erziehung:

»Ich bin also keineswegs der Meinung, dass Kinder nicht erzogen werden sollten, aber ich meine damit nicht, dass Erwachsenen Kinder dauernd korrigieren, sondern ich meine, dass Erwachsenen sie ins Leben hinein begleiten können - dafür brauchen Eltern sehr viel Geduld. - Im Dänischen kann man mit dem Wort „erziehen“ zweierlei ausdrücken: „erziehen“ im herkömmlichen Sinne von „korrigieren, maßregeln“, aber auch „erziehen“ im Sinne von „großziehen“, und das heißt jemandem helfen, erwachsen zu werden, ihn sozusagen ins Leben „hineinziehen.“ Und diese zweite Bedeutung von „erziehen“ ist mir sehr sympathisch.« (Jesper Juul, ‚Aus Erziehung wird Beziehung', S. 27, Herder spektrum)

Ich habe vor etwa 2 Jahren das Buch "Dein kompetentes Kind" gelesen, dann aufgrund unserer Patchworksitutation das Buch "Aus Stiefeltern werden Bonuseltern" und nun folgt das dritte Buch "5 Grundsteine für die Familie".


"Beziehung statt Erziehung lautet das Schlüsselwort zu Jesper Juuls Familienkonzept. Der bekannte Familientherapeut stellt in diesem Buch die fünf Grundsteine vor, auf deren Basis Familienleben gelingen kann: Er erklärt, was es mit Kooperation und Integrität auf sich hat, betont den Vorrang des Selbstwertgefühls gegenüber dem Selbstvertrauen, beschreibt, wie man persönliche Verantwortung übernimmt, warum Eltern als Leuchttürme wirken müssen und wie man die Kunst, »Nein« zu sagen, richtig ausübt. Damit möchte er Impulse setzen, konstruktiv an Konflikte heranzugehen, und Eltern helfen, eine gleichwürdige Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen. Eine konzentrierte Zusammenfassung der Erfahrungen aus 35 Jahren Familientherapie."


Wer Jesper Juul bereits kennt und gelesen hat weiß was das besondere ist. Ihm ist es wichtig, dass die Eltern eine Beziehung zu ihrem Kind haben, dass Eltern ihr Kind als eigene wertvolle Persönlichkeit wahrnehmen. Er möchte, dass Eltern die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kinder anerkennen (was nicht bedeutet, dass alle Wünsche erfüllt werden!). In unserer Generation der Eltern ist noch die alte Methode der Kindererziehung verankert. Und wenn unsere Kinder nicht machen was wir wollen, dann greifen wir häufig noch auf einige radikalen Methoden zurück. Warum? Weil wir nicht wissen wie man es anders machen könnte. Wir haben ja als Kinder auch oft gefühlt, dass unsere Meinung und unsere Wünsche nicht wichtig waren und das nur das zählte was die Eltern sagen. Das Thema Erziehung ist so komplex und je nach dem was Mama und Papa selbst erlebt haben, auch total individuell. Nicht nur das Kind entwickelt sich, auch die Eltern haben die Möglichkeit sich positiv zu entwickeln. Jesper Juul hilft mir da sehr mit seinen Büchern. Wenn ich ein Buch von ihm lese, dann habe ich immer viel Redebedarf. Mein Mann muss ich dann meine ganzen Gedanken anhören und das in erhöhter Geschwindigkeit ;-)
Ich denke auch darüber nach wie ich in bestimmten Situationen mit meinem Kind umgehe, aber auch wie ich mir wünsche, wie mit mir umgegangen wird. Bücher von Jesper Juul zu lesen führen unweigerlich zur Selbstreflektion.

Jesper Juul möchte keine authoritäre Erziehung, was aber nicht bedeutet, dass Kinder keine Regeln mehr befolgen sollen. Jesper Juul ist sogar dafür, dass Kinder auch mal Frust aushalten müssen. Wie das alles funktioniert? Lest selbst ;-)

Hier sind ein paar schöne und nachdenkenswerte Zitate von Jesper Juul:

"Die häufigste Enttäuschung ist das Erlebnis für unsere Nächsten nicht so wertvoll zu sein, wie wir es gerne möchten."

"Kinder lernen entweder durch Angst oder durch Forschung."

"Kinder, die angeblich Grenzen "austesten", suchen gewissermaßen nach der wahren Persönlichkeit ihrer Eltern. Sie wollen wissen wer ihre Eltern eigentlich sind und wofür sie einstehen."

"Ein gesundes Selbstwertgefühl kann wachsen, wenn sich ihr Kind wertvoll fühlt."

"Die Familie ist der wichtigste Ort, an dem das "Selbst" und die persönliche Integrität (eigene Wünsche, Bedürfnisse, Gefühle) sich entwickeln kann - das gilt für Kinder wie auch für Erwachsene."

"Kinder müssen auch Dinge ausprobieren drüfen, die noch nicht so gut klappen. Helfen sollte man ihnen erst dann, wenn sie darum bitten."

"Weniger wichtig als das WAS wir tun ist das WIE wir es tun."

"In einer gleichwürdigen Beziehung werden die Wünsche, Anschauungen und Bedürfnisse beider Seiten gleich ernst genommen und nicht mit dem Hinweis auf Alter abgetan oder ignoriert."

"Leben wir doch unseren Kindern Integrität vor: sich selbst treu sein und sein Handeln an inneren Werten und Maßstäben auszurichten.

"Kinder brauchen Gelegenheit sich im "Bestimmen" also in der Übernahme von Eigenverantwortung zu üben."

Die beste Alternative zum Schimpfen ist nicht das Lob, sondern eine aufrichtige und ernstgemeinte Rückmeldung"

"Ausschlaggebend für den Erfolg eines Gespräches ist vor allem das Interesse an den Gesichtspunkten des anderen."

"Bleiben sie gelassen. Genießen sie einander und die Kinder. Eine bessere Erziehung gibt es nicht."

"Kinder brauchen Klarheit. Halbherzigkeit macht sie unzufrieden."

"Kinder und Jugendliche müssen wissen, woran sie mit ihren Eltern sind, was sie denken und wofür sie einstehen."

"Wenn wir Äußerungen unsere Kinder respektieren und gemeinsam nach einer Lösung suchen, werden Sie Respekt vor den Grenzen anderer Menschen entwickeln"

»Familien entwickeln sich dann am besten, wenn ihre Mitglieder voneinander lernen, anstatt sich zu belehren.«

»In einer intakten Familie gibt es permanent größere und kleinere Konflikte. Je mehr man versucht ihnen aus dem Weg zu gehen, desto größer werden sie und schaden der Beziehung.«

»Kinder werden nicht unglücklich, wenn sie ein Nein hören. Sie werden frustriert, aber das ist etwas ganz anderes. Die Kindheit ist ein langer Lernprozess, in dem Frustration und Lerneffekt unauflöslich miteinander verbunden sind. Kinder brauchen empfindsame und sensible Eltern, nicht sentimentale.«

*WERBUNG: DAS BUCH WURDE MIR FREUNDLICHERWEISE VOM RANDOMHOUSE VERLAG ZUR VERFÜGUNG GESTELLT. HERZLICHEN DANK DAFÜR UND DIE TOLLE KOOPERATION!

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